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Sonnenallee“ - ironisch gefärbtes Bild der DDR in den Siebzigern

Gut 50 Aktive gestalten diesjähriges Musical der 10. Gymnasialklassen an Zinzendorfschule

Tossens. Der Film von Leander Hausmann basierend auf seinem, Detlef Bucks und Romanautor Thomas Brussigs Drehbuch war ab 1999 ein großer Kinoerfolg. Die amüsante Geschichte der Familie Ehrenreich im Schatten der Berliner Mauer diente Conny Howell als Vorlage.

Wie immer, wenn Theaterpädagogin Howell eine Stoff gefunden hat, passte sie die Filmhandlung ihrer Darstellergruppe, die beiden Gymnasialklassen 10, an. Dabei sprangen über 50 Rollen heraus, ein großer Teil davon Sprechrollen und einige, deren Darsteller sogar live sangen. Musiklehrer Wilhelm Magnus hatte sich durch die Filmmusik inspirieren lassen und mit einer fünf-köpfigen Band (2 Gitarren, Bass, Keyboard und Drums) einen großen Strauß von Songs eingeübt, die mit gutem Sound erklangen.

 

 

Richard Howell schuf nach Ideen seiner Frau ein tolles Bühnenbild mit grauer Betonmauer und typisch buntem 70er-Jahre Wohnzimmer der Ostberliner Familie. Tochter Leila Howell zeichnete für die Maske verantwortlich, Thomas Büsing betreute die Technik-AG der Schule bei der Gestaltung von Licht und Ton.

 

 

Im Zentrum der Handlung stehen die Freunde Michael (Ehrenreich) und Mario. Sie wohnen und leben in unmittelbarer Grenznähe, ständig den neugierigen Blicken von Grenztouristen aus dem Westen ausgesetzt. Beide möchten wohl gern studieren, wollen aber nicht den Dienst bei der NVA absolvieren, der dafür vorausgesetzt wird. Ihre Freizeit verbringen sie mit ihrer Clique aus paryfreudigen Fans westlicher Pop- und Rockmusik. Sie werden vom lokalen „Sherif“, einem Volkspolizei-Obermeister, kritisch beäugt und interessieren sich für die Mädels aus der Nachbarschaft.

Michaels Vater steht seinem Staat distanziert gegenüber, die Mutter trägt sich – nachdem sie einen passenden BRD-Reisepass gefunden hat – mit Fluchtplänen und Michas Schwester wechselt oft ihre „Freunde“. Mal hat sie ein Parteimitglied, dann einen Schauspieler, später einen katholischen Seminaristen. Regelmäßig besucht Onkel Heinz aus dem Westen die Familie, bringt Geschenke mit – etwa die begehrten Nylonstrümpfe für seine Schwester – und warnt vor den Gefahren des Asbests in ihrer Etagenwohnung, wobei er es ist, der schließlich an Lungenkrebs verstirbt.

 

 

Das Publikum bekommt eine FDJ-Mädchen-Singegruppe zu sehen, parteikonformen Schulunterricht der linientreuen Rektorin, eine Schulparty – ohne Alkohol, ohne Zigaretten, keine laute Musik – , während der es zu amorösen Begegnungen kommt, und eine wilde Party mit Asthmamittel und Alkohol. Da tauchen „Wessies“ als Schwarzhändler für Zeitschriften und Schallplatten, aber auch als geldgierige Fluchthelfer auf, gibt es aber auch die existentialistische Untergrundgruppe schwarzgekleideter junger Damen, die den DDR-Mief mit Jean Paul Sartre bekämpfen will.

In eine dieser Existentialistinnen verliebt sich Mario, während Micha alles versucht, um bei Miriam, seinem großen Schwarm, zu landen. Als in der „Feindpresse“, der BILD-Zeitung, ein Foto der beiden Jungs erscheint, auf dem sie nach der Party an die Mauer pinkeln, fliegt Mario von der Schule. Seine Freundin wird schwanger und er will auf das Angebot des Stasi-Mannes aus der Nachbarschaft eingehen, für dessen Behörde zu arbeiten. Micha, der endlich bei Miriam gelandet ist, will ihn im Schlussbild notfalls mit Gewalt daran hindern.

Die flotte Abfolge der verschiedenen Szenen ließ keine Langeweile aufkommen, zumal alle eine konzentrierte, spielfreudige Leistung ablieferten.

Als Zugabe sang das komplette Ensemble den BoxTops-Hit „The Letter“ und Nina Hagen DDR-Schlager „Du hast den Farbfilm vergessen“ – und das große Publikum spendete begeistert Applaus. Elternsprechering Barbara Kaethner und Schulleiterin Andrea Turmann, die sich für die gelungene Geschichtsstunde bedankte, würdigten die Vorstellung und überreichten Geschenke an Darsteller und Verantwortliche.

 

 

Im gemeinsamen Jubel und im fühlbaren Stolz auf das Geleistete zeigte sich der pädagogische Erfolg einer aufwändigen Zusammenarbeit über ein Schuljahr, die nicht immer leicht, aber insgesamt für alle Beteiligten sehr bereichernd war.