Festbeitrag des Fachbereichs Latein der Zinzendorfschule in Tossens anlässlich des Jubiläums „300 Jahre Schulen der Herrnhuter Brüdergemeine“.

Vor weit mehr als 300 Jahren

 

Sucht man in Butjadingen nach lateinischer Lyrik, führt eine Spur aus der Wisch, den Wicken heraus ins beschauliche Langwarden. Eine Lateinschülerin der Zinzendorfschule1, die Tochter des ehemaligen Pastors in diesem Straßenort, hatte vor Jahren von dem wohl höchst skurril anmutenden Unterfangen gehört und auf ein Ölbild verwiesen; es hänge als Gruß-Gott-August im Steinhaus, diesem spätmittelalterlichen Anwesen dort neben dem Friesenhügel, und zeige einen 'echt fiesen Typen'. Hier war einmal nicht ihr Lateinlehrer gemeint gewesen, sondern ein gewisser Sibrandus Lubbertus († 1625)2: Er sehe voll finster aus; und ihm sei das glatt zuzutrauen. Was nochmal? Na, lateinisch zu dichten.

Sibrand stammte aus Langwarden, wurde dort vor weit mehr als 300 Jahren geboren, 1555, um genau zu sein, in eben einer Zeit, als sich im fernen Augsburg etwaige Reichsstände endlich auf einen Religionsfrieden einigen konnten und im noch ferneren Trient spanische Jesuiten seit einem Dezennium mit Hochdruck daran arbeiteten, die Suprematie Roms und des Papstes zu retten. In Langwarden selbst war das Katholische bereits auf dem Rückzug, seit fünf Jahren Segebade von Mandelsloh († nach 1561)3 als erster Prediger lutherischer Prägung tätig. Lebte er in diesem Steinhaus? Auch würde es nicht wundern, wenn Sibrand in ihm zur Welt gekommen wäre, handelte es sich doch bei seiner Familie keineswegs um irgendeine. Namhafte friesische Häuptlinge zählte sie zu ihren Vorfahren und den Gepflogenheiten jener späthumanistischen Phase entsprechend versuchte man offenbar auch hier, die Bildungsoffensive der frühen Neuzeit zu nutzen; so hatte sich ebenfalls ein aus Langwarden stammender, sonst völlig unbekannter Sibrandus Lubbensen 1482 an der vergleichsweise jungen, weil erst 1415 gegründeten Universität Rostock eingeschrieben.4 Wie er die Voraussetzungen dafür erhalten hatte, eine Zinzendorfschule gründete sich in Tossens erst weit über 300 Jahre später, bleibt offen. Es wird aber vermutet, dass es sich um den Großvater des besagten Sibrand gehandelt habe. Liefert sich hier ein wie auch immer gearteter akademischer Hintergrund? Langwarden jedenfalls schien es Mitte des 16. Jahrhunderts in sich zu haben.

Waren in der weiteren Umgebung die Klosterschulen noch nicht geschlossen, schlossen sie spätestens jetzt. Wo aber sollte man nun dem Teenager die offenbar erwünschte höhere Bildung angedeihen lassen? Bei Iffe Sibrand († nach 1576)5 etwa, der Segebade von Mandelsloh 1561 als Prediger abgelöst hatte? Offenbar hatte hier jemand seine Zweifel. Seba habe schon nicht studiert.6 War das Fernziel derer, die sich um Sibrand Lubberts Werdegang sorgten, eine Aufnahme desselben in die Artistenfakultät, konnte vor dem Hintergrund, dass Privatunterricht – man denke beispielsweise an Privatlehrer wie Volcardus Bergensis († 1530), Rumoldus Stenemola († 1541) u.ä.7 – seinerzeit nichts Ungewöhnliches war, Iffe Sibrand wohl zu schlecht Latein, von Griechisch und Hebräisch ganz zu schweigen. 1566, Sibrand war gerade mal zehn oder elf Jahre alt, öffnete eine Lateinschule im über hundert Kilometer entfernten Norden erstmals ihre Pforten. Die Einrichtung besteht noch heute und firmiert unter dem Namen 'Ulrichsgymnasium'.8 Ob der Junge, wie manche glauben, erst diese Schule besuchte, um dann einer in Norden grassierenden 'Pest' wegen nach Bremen zu wechseln, oder, ob er direkt nach dem näher gelegenen Bremen ging, wird unklar bleiben; wichtig hier: Man verließ für die höhere Bildung die Heimat. Die Anstalt in Bremen war 1528 auf Initiative des Rates eingerichtet worden. Erster Leiter dieser Lateinschule war Johann Oldenburg aus Münster († 1569); Verstärkung erhielt er vom flämischen Pädagogen Johannes Molanus († 1583). Mehr als drei Lehrer, heißt es, waren es zunächst nicht:9 Tres faciunt collegium. Es lässt ein wenig an Gertrud Pychlau denken, die zusammen mit zwei weiteren Herrnhuter Schwestern 1946 nicht zuletzt mit Blick auf die zahlreichen Flüchtlingskinder aus den deutschen Ostgebieten ein kleines Progymnasium gründete, die Zinzendorfschule in Butjadingen; und auch das Curriculum dürfte sich zumindest oberflächlich gar nicht so sehr von dem der Lateinschule im Bremen des 16. Jahrhunderts unterschieden haben. Ihre Fächer waren: Fundamenta Pietatis, Latina lingua, Arithmetica und Musica. Im Grunde spiegeln sich darin die gesamten 'Septem Artes Liberales' wider. 'Latina lingua' wird die trivialen Disziplinen Grammatik, Rhetorik und Dialektik umfasst haben. Und nimmt man die anderen Fächer mit in den Blick, wurde in Bremen nicht nur umfassend Latein vermittelt, sondern auch eine Artistenfakultät angeboten und damit das Grundstudium ermöglicht.10 Gestützt wird diese Überlegung dadurch, dass sich Sibrand erst 1575 im Alter von mehr oder minder zwanzig Jahren an der Universität Wittenberg immatrikulierte. Damit hatte er acht oder neun Jahre in Bremen zugebracht. Das entspricht nach heutiger Rechnung der Zeit, die man für gewöhnlich bis zur allgemeinen Hochschulreife oder Matura auf einem Gymnasium verbringt.

Im Lateinunterricht der humanistischen Zeit nahm die Beschäftigung mit Poesie einen besonderen Stellenwert ein. Das Verfassen von Gedichten war dabei mehr als ein intellektuell-geselliger Zeitvertreib; es schulte und vertiefte die Kenntnisse in Wort und Schrift; Ziel war es ja Latein fließend schreiben und sprechen zu können, nach Möglichkeit wie Cicero und Vergil. Sucht man nun in Zusammenhang mit Butjadingen nach lateinischer Lyrik, wäre hier nun der Punkt erreicht, wo man bei Sibrandus Lubbertus fündig werden müsste. Doch man findet nichts, kein Gedicht; auch seine Wittenberger Zeit bleibt in lyrischer Hinsicht stumm. Ähnlich verhält es sich mit dem Aufenthalt in Genf, Basel oder Marburg; an keiner der zahlreichen bald im Jahrestakt wechselnden Stationen scheint sich Sibrand der gebundenen Sprache zu bedienen, was nicht bedeutet, dass es derlei Texte nicht gab. Sie verdienten anders als seine theologischen Abhandlungen offenbar nur keine Veröffentlichung. 1587 schließlich promovierte Sibrand an der Heidelberger Universität zum Doktor der Theologie. Seither schien er, sichtet man die Schriften – seit längerem war er bereits dem Calvinismus zugetan –, seine Passion darin gefunden zu haben, die Kräfte der 'Katholischen Erneuerung' in Gefolge des Tridentinums (1545-1563), insbesondere den Jesuitenkardinal Roberto Bellarmino († 1621) vehement zu bekämpfen.

Doch interessant bleibt hier das Jahr 1587 und die damit verbundene Promotion. Sie wurde sicherlich gefeiert, vielleicht sogar in eben jenem Langwarder Steinhaus auf dem Weg zurück ins niederländische Franeker, wo Sibrand an der Universität seit ihrer Gründung im Jahre 1585 einen Lehrstuhl für Theologie innehatte.

Jedenfalls wurde in Verbindung mit der Promotion ein Konvolut mit lateinischen Gedichten überreicht, sogenannte 'Gratulatoria', Preislieder, die aus der Feder von Freunden und alten Molanusschülern stammten.11 Gab es von dieser Festschrift mehrere Exemplare? Auf jeden Fall befand sich ein Exemplar der Textsammlung – wenn nicht sogar das Sibrand überreichte Original – vor dem zweiten Weltkrieg in der Stadtbibliothek von Breslau. Wie es dorthin gelangte, weiß der Himmel. Auch die Signatur ist unbekannt, ferner, ob sich das Werk nach wie vor in Breslau befindet.12 Ein Gedicht aber liegt vor. Ob es vollständig ist, weiß man nicht. Sei es wie es sei, Cornelius van der Woude zitiert es in seiner Lubbertusbiographie aus dem Jahre 1963; es handelt sich um zwei alkäische Strophen à la Horaz. Sie stammen von Johann Esich († 1602)13, einem gebürtigen Bremer und Sibrands Schulfreund, der, so will es der Zufall, 1587 zum Rektor der alten Lateinschule berufen wird. Hier hätte sich doch für Sibrand die Gelegenheit geboten, ein kleines Gedicht auf Esychius zu schreiben! Es gibt es aber wohl nicht, so dass sich bisher zwar kein lateinisches Gedicht eines Butjenters findet, wohl aber eins auf einen:

 

Ō sī Molānō nunc cithar(am) aut tubam,

Quā suērat ōlim Saxonicōs chorōs

Mulcēre Parnāsī sub antrō,

Dētur in hōc animāre coetū!

 

Sed ille coelī nōbilis incola

Curs(ū) absolūtō lampada trādidit

Cum laude vōbīs; vōs iuventae

Vīribus exsuperāte mētam.

 

Übersetzungsversuch:

 

Hoffentlich also lässt man bei diesem Treffen [einen] Molanus die Leier oder Tuba mit Leben füllen, mit der er einst gewohnt war, sächsische Scharen in der parnassischen Grotte zu verzaubern.

 

Doch hat jener edle Himmelsbewohner nach beendetem Lauf mit Lob an Euch die Flamme übergeben; übertrefft nun mit den Kräften der Jugend Euch und das Erreichte.

Die alkäische Odenform, also das Zusammenspiel von zwei alkäischen Hendekasyllabi, einem Enneasyllabus und einem Dekasyllabus, mag mittlerweile ein wenig angestaubt wirken. Man fragt sich vielleicht, welcher Dichter sich zuletzt dieses nach Alkaios († um 580 v. Chr.) benannten Versmaßes bedient hat. Doch haben wir es hier mit einem Text des 16. Jahrhunderts zu tun, einem Gedicht, das sich humanistisch bewusst in die Odentradition eines Horaz († 8 v. Chr.) stellt, eines Poeten, der zusammen mit weiteren zeitgenössischen Autoren wie Vergil († 19 v. Chr.) oder Cicero († 43 v. Chr.) das griechisch-literarische Gewand für unsere lateinische Vatersprache nutzbar gemacht hat. Und, dies sei am Rande erwähnt, noch heute werden lateinische Gedichte, man denke beispielsweise an die jüngst erschienenen 'Laudes Ucrainae'14, im Versmaß dieser alkäischen Strophe verfasst. Von Staub ist dabei keine Spur.

Das alkäische Carmen gratulatorium Johann Esichs nun umfasst zwei Strophen. Damit ist es sehr kurz. Ob es noch weitere Abschnitte gibt, lässt sich an dieser Stelle schwerlich sagen; die Strophen sind inhaltlich recht geschlossen. Es könnte also vollständig sein.

In der ersten Strophe wird ein erfüllbarer oder zumindest erfüllbar gedachter Wunsch formuliert und dabei dieser für den Wünschenden herausragende Lehrer Molanus erwähnt. Er habe es wie kein anderer verstanden, seinen [nieder]sächsischen Lehrgruppen (Saxonici chori) die lyrischen Texte der augusteischen Zeit näherzubringen. Und dieser Geist wird hier im feierlichen Rahmen beschworen; Molanus selbst ist im Jahre 1587 bereits vier Jahre tot und somit also sicherlich nicht physisch vor Ort respektive bei diesem Treffen (in hoc coetu), wodurch dem Namen eine eponymische Dimension anhaftet.

Die Objekte zum Infinitiv 'animare' im ersten Dekasyllabus, der Hauptsatz umschließt dabei einen Relativsatz, sind die Leier (cithara) und Tuba in der Eingangszeile. Während horazische Gedichte in der Antike vermutlich selten bis nie instrumental begleitet wurden, sieht das im 16. Jahrhundert anders aus; man erinnere sich beispielsweise an die vom Celtisschüler Petrus Tritonius († 1525) geschaffene Horaz-Vertonung 'Melopoiae' aus dem Jahre 1507;15 sie waren ein dankbares und probates Mittel, um nicht zuletzt Lateinschülern die Silbenquantitäten einzubläuen. Ob nun auch Molanus diese Vertonungen Tritonius' kannte und genutzt hat, bleibt dahingestellt. Im Gedicht werden jedenfalls Tuba und Leier erwähnt. Ihre Erwähnung könnte natürlich nicht minder in den Bereich der uneigentlichen Rede gehören. Isidor von Sevilla († 636) nämlich weist im dritten Buch seiner 'Etymologiae' der 'Musica', einem der zentralen Fächer des Quadriviums, drei Naturen respektive Tongestalten zu, unterscheidet zwischen dem harmonischen Gesang der Stimme, dem Blasen beispielsweise einer Tuba und dem rhythmischen Schlagen der 'Cithara', so dass im vorliegenden Gedicht nicht zwingend von einer echten Gitarren- oder gar Trompetenbegleitung die Rede sein muss. Ebenso könnte das Fach Musik in seiner Gänze gemeint und erfasst sein. Die Auseinandersetzung mit Lyrik fand in der Bremer Lateinschule schlicht und ergreifend im mathematischen Fach 'Musik' statt. Und daran wird hier erinnert.

Schön und indirekt verweist sodann der oben bereits angesprochenen Relativsatz im Enneasyllabus auf Apoll und die Musen; erwähnt wird die parnassische Grotte (Parnasi antrum). Nun gibt es in Bremen, sieht man von dieser Erhebung im Lehrhofpark ab, keinen Berg, schon gar keinen mit einer Doppelspitze. Man saß vielleicht am Weserufer unter Linden und skandierte Ovid († 17 n. Chr.), der in seinen Metamorphosen erzählt, wie dort vom Parnass Daidalion sich in den Tod stürzt, zum Falken wird, wie dort vom Parnass aus Amor mit konträr wirkenden Pfeilen Daphne und Apoll trifft und die so wilde Jagd hin zum Lorbeerbaum einsetzt;16 man rezitierte bestimmt auch Vergils Georgica, las, wie dieses verliebte lyrische Ich am Parnass umherwandert, schließlich zur Kastaliaquelle hinabsteigt;17 auch hatte man gewiss Horaz in den Händen, sein Bandusiagedicht18, das bewusst vom Parnass weg- und zur eigenen Musenquelle hinführt. All diese Texte gehörten sicher zum engeren Molanusrepertoire.

Im Auftaktvers der zweiten Strophe nun wird expressis verbis deutlich, dass dieser herausragende Lehrer tot ist. Jener sei ein edler Bewohner des Himmels (caeli nobilis incola). Der Ausdruck erinnert an das letzte carmen dieses 'Liber Peristephanon' des Prudentius († 405 n. Chr.), wo gegen Ende die Märtyrerin Agnes von Rom († 250 n. Chr.) als „caelestis arcis nōbilis incola“19, als 'edle Bewohnerin der himmlischen Burg' angerufen wird, mit einem Vokativ, der sich auch metrisch gänzlich in das Versmaß des alkäischen Hendekasyllabus fügt. Vor diesem Hintergrund wirkt das Subjekt in der vorliegenden zweiten Strophe geradezu heiliggesprochen. Vergegenwärtigt man sich zudem, dass Prudentius als Christ keinen Geringeren als Quintus Aurelius Symmachus († 402 n. Chr.), den wohl wirkungsmächtigsten Repräsentanten des spätantiken Heidentums, bekämpfte, erhält dieses gelockerte Zitat eine subtile Tiefe, wandte sich doch Molanus von der alten, auf Reformierte natürlich zutiefst heidnisch wirkenden katholischen Kirche ab; wenn auch weniger er, so sollte aber sein Schüler Sibrandus Lubbertus als Calvinist mit Blatt und Feder intensiv gegen sie zu Felde ziehen. Und dieses Erbe wird hier feierlich ins Wort gebracht, indem unter Verwendung einer Lukrezanleihe – „[...] cursores vitai lampada tradunt“20 (Lukrez († 55 v. Chr.)) – Molanus nach Abschluss seines Lebensweges die 'Flamme' (lampada) an Lubbertus, der in der angesprochenen zweiten Person 'vos' erscheint, weitergibt. Ob sich hinter dem Ausdruck „cum laude“ in der vorletzten Zeile die Promotionsnote verbirgt, kann hier nicht abschließend geklärt werden. Sie wäre nicht besonders gut, aber gut. Jedenfalls gehört der Ablativus Absolutus 'cursu absoluto' nicht nur in die Sterbelexik, sondern auch in die der Ausbildung und Universität, was erneut die Verschränkung zwischen Molanus und Lubbertus unterstreicht.

Das Gedicht endet schließlich imperativisch und nicht zuletzt mit dem Begriff 'metam' horazisch. Der Erzpoet nämlich verweist in seiner Ars poetica darauf, dass das erwünschte Ziel (meta) nur dann erreicht wird, wenn man, Talent dabei vorausgesetzt, von klein auf fleißig gelernt hat: „Qui studet optatam cursu contingere metam, multa tulit fecitque puer, sudavit et alsit.“21

Erinnert sei hier am Ende daran, dass den Anlass zu den obigen Reflektionen und Kommentaren die Dreihundertjahrfeier der pädagogischen Ausbildung der Zinzendorfschulen u.a. in Deutschland gab und ohne Johann Esich aus Bremen hier gar nichts stünde; daher gebührt vor allem ihm ein herzlicher und akademischer Dank:

 

Ad Esychium Bremensem collēgam (ob. anno MDCII°)

 

Ecce Molānus nōn, sed nescioquod mihi nōmen

Zinzendorpensis grammaticō latiō

gymnasiī, quī vēn(ī) (h)ūc ex ēlāpsus in agrum

urbe Friburgō, quod m(ē) ess(e) ibi nōluerit.

Saxonicōs doceō vel, quō dīcam melius sīc,

Neptūnī Frisicōs, quī breve molle colunt.

Castali(ae) antrum nōbīs atqu(ī) in Bandusiaeve

Tossensī vīcō; difficile (e)st aditū.

Ō Esychī sī possēs nōbīs scrībere carmen!

Annōs trēs centōs discimus haec latia.

 

An den Kollegen Esich aus Bremen (gest. 1602)

 

Sieh her; mein Name ist nicht Molanus, sondern irgendein Name,

bin Lateinlehrer am Zinzendorfgymnasium;

landete hier auf dem Acker,

wollte doch Freiburg nicht, dass ich dort bleibe.

Sachsen unterrichte ich oder, um es im Vergleich dazu besser so zu sagen,

neptunische Friesen, die das Marschland bewohnen.

Die kastalische Grotte freilich oder bandusische,

schwer erreichbar ist sie, liegt für uns in Tossens.

Oh, Esychius, wenn du doch für uns ein Gedicht schreiben könntest!

Dreihundert Jahre lang (schon) lernen wir dieses Latein.

 

 

Norbert Schulz (Butjadingen 2024)

 

1cf. https://zinzendorfschule.de/

2cf. Woude, Cornelis van der, SIBRANDUS LUBBERTUS, Leven en werken, in het bijzonder naar zijn correspondentie, Kampen 1963; im Folgenden zitiert als: Woude.

3cf. https://adel.familienkunde-oldenburg.de/getperson.php?personID=I1147&tree=Adel-Oldbg (abgerufen am 18. Juni 2024).

4cf. Woude, loc. cit., p. 20 (nota 8).

5cf. Aka, Christine, Statusinvestitionen im kirchlichen Raum und die Konfessionalisierung. Beispiele aus der Wesermarsch, in: Schöne, Anja & Groschwitz, Helmut (Hgg.), Religiosität und Spiritualität - Fragen, Kompetenzen, Ergebnisse, Münster 2014, p. 34.

6cf. Goens, Hermann, Die Einziehung der Kirchengüter während der Reformationszeit im evangelischen Gebiete des Herzogtums Oldenburg, in: Rüthning, Gustav (Hg.), Oldenburger Jahrbuch des Vereins für Altertumskunde und Landesgeschichte, XXXI, Oldenburg 1927, p. 15

7cf. Schulz, Norbert, Iohannes Secundus, Basia, Butjadingen 2006, p. 8sq

8»Wahrscheinlich bestand bereits vor der Reformation in Norden eine Schule, von der jedoch sichere Nachrichten fehlen. Das heutige Ulrichsgymnasium geht zurück auf die 1566/67 von Graf Edzard II. von Ostfriesland (reg. 1561-1599) gegründete dreiklassige Lateinschule, die zunächst in die Auseinandersetzungen zwischen Lutheranern und Reformierten verwickelt war.« https://fabian.sub.uni-goettingen.de/fabian?Ulrichsgymnasium (abgerufen am 18. Juni 2024). Cf. etiam Woude, loc. cit., p. 21.

9»„Anno 1528 is tho Bremen ein frey Schole angerichtet dorch den erbaren Radt“ – so lautet die Nachricht über die Gründung des Alten Gymnasiums in einer alten Chronik. […] Zunächst stand in der neuen „Gelehrtenschule“, die in den Räumen des ehemaligen Katharinenklosters unterkam, das Studium der für das Verständnis der Bibel wichtigen alten Sprachen im Vordergrund: „Lectiones in der hebreischen, grekeschen und latinischen Sprache“. Nachdem 1562 Bürgermeister Daniel von Büren der Jüngere die lutherische Orthodoxie in Bremen überwunden hatte, öffnete er die Schule auch für die Sprösslinge der „gemeinen Bürgersleute“, und der Bremer Rat beschloss einen Lehrplan, der „fundamenta Pietatis, Latinae linguae, Arithmeticae et Musicae“ beinhaltete. Johann Oldenburg aus Münster († 1569) war der erste Rektor der Lateinschule. Er unterrichtete mit zwei weiteren Lehrern. Hauptlehrfächer waren evangelische Religion und Latein. Johannes Molanus aus Flandern war von 1553 bis 1559 einer der bedeutenden Lehrer und von 1563 bis 1583 der zweite Rektor an der Lateinschule.« https://www.veikkos-archiv.com/index.php/Dechanatstraße_13/15_(Bremen) (abgerufen am 18. Juni 2024)

10»„Eine wirkliche Universität gab es in Bremen vor 1971 nicht“, sagt Historikerin Dr. Maria Hermes-Wladarsch, Leiterin der Abteilung Historische Sammlungen, Handschriften & Rara der Staats- und Universitätsbibliothek Bremen (SuUB) gleich zu Beginn unseres Gesprächs. Aber es habe immer wieder Ansätze einer Universität oder einer universitätsnahen Institution gegeben. „Zunächst hat der Rat der Stadt im Jahr 1528 eine Lateinschule gegründet. Dies war eine Folge der Reformation in Bremen.“« https://up2date.uni-bremen.de/artikel/bremen-wissenschaft-seit-1610 (abgerufen am 18. Juni 2024)

11cf. Woude, loc. cit., p. 24 (nota 24).

12»„[...] Ich würde unverbindlich in Breslau nachfragen, befürchte aber, dass meine Anfrage nicht von Erfolg gekrönt sein wird. [...]“«; freundlicher Hinweis der SuUB Bremen (Dr. Maria Hermes-Wladarsch) via Mail am 17. 06. 2024.

13cf. https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Esich_(Historiker) (abgerufen am 18. Juni 2024)

14Radke, Anna Elissa, Laudes Ucrainae, Würzburg 2023

15»[...] Angeregt vom deutschen „Erzhumanisten“ Conrad Celtis, der als Lateinprofessor seine Studenten zum Odengesang anhielt, komponierte zunächst Petrus Tritonius für jedes der von Horaz verwendeten Vers- bzw. Strophenmaße vierstimmige Chorsätze (herausgegeben als Melopoiae, 1507), in denen die 2:1-Relation streng beachtet war. [...]« https://stroh.userweb.mwn.de/novak/nov_mk.pdf (abgerufen am 18. Juni 2024)

16cf. Ov. met. 1, 452sqq & 11, 338sqq

17cf. Verg. georg. III, 291sqq

18cf. Hor. c. 3, 13

19Prud. lib. per. XIV, pas. agn., 125

20Lucr. de rer. nat. II, 79

21Hor. de art. poet. 412sq

 Langwarden Pastorei125

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