In der Zeit des Zweiten Weltkrieges und der danach folgenden Besatzungszeit wurden Zinzendorfschulen verstaatlicht oder geschlossen. Lehrerinnen einer Herrnhuter Schule in Neudietendorf (Thüringen) suchten deshalb nach Möglichkeiten einer Neugründung. Unter der Leitung von Frau Pychlau wurde 1946 zunächst in Burhave eine neue Zinzendorfschule eröffnet. Einige Monate später zog die Schule nach Tossens um. 1950/51 wurden Internate für auswärtige Schüler und Schülerinnen eingerichtet. Die Internatsarbeit musste 1997 eingestellt werden.
Zunächst wurde die Schule als Gymnasium von der 5. bis zur 10. Klasse geführt. 1971 richtete die Zinzendorfschule einen Realschulzweig ein. 1974 wird in Niedersachsen die Orientierungsstufe eingeführt und die Zinzendorfschule verzichtet auf die Klassenstufen 5 und 6. Seit 1982 gibt es eine gymnasiale Oberstufe, die bis zum Abitur führt. In Folge der Schulreform des Landes Niedersachsen erhält die Zinzendorfschule die 5. und 6. Klassen. Durch die Schließung der öffentlichen Hauptschule 2008 erhält die Zinzendorfschule einen Hauptschulzweig. Neben der Haupt- und Realschule besteht seit 2011 die Oberschule. In einigen Klassen wird integrativ (Inklusion) unterrichtet.
1956, 1967, 1974, 1995, 1998, 2004 und 2006 wurden die Schulgebäude auf dem heutigen Schulgelände errichtet und erweitert.#
Schule und Erziehung bei Zinzendorf
Die Grundsteinlegung für eine erste Schule in Herrnhut, ein Pädagogium für junge Adlige, am 12. Mai 1724 gilt als Anfang der pädagogischen Arbeit der Herrnhuter. Seit dieser Zeit wurde die Gründung und Entwicklung von verschiedenen Schulformen in unterschiedlichen Ländern als ein wichtiger Zweig der kirchlichen Arbeit angesehen. Die charakteristische Besonderheit der Herrnhuter Erziehungsarbeit und ihre Ausstrahlungskraft verdankte sie einem für ihre Zeit ungewöhnlichen Erziehungsstil, der aus Zinzendorfs pädagogischen Vorstellungen erwuchs.
Bei Zinzendorf findet sich ein ausgesprochen stark ausgeprägtes Verständnis für die Individualität jedes Menschen. Das Interesse für die jeweils besonderen Erfahrungen des Einzelnen und eine gute Beobachtungsgabe waren die Voraussetzungen dafür, dass er in einer bis dahin nicht gekannten Weise Verständnis für die Eigenart des Kindes aufbrachte und den Eigenwert jeder Entwicklungsstufe erkannte. Eingebettet wurde dieses Bemühen um innere Freiheit und Selbstständigkeit in die Ordnungen eines Lebens in Gemeinschaft.
Die Zinzendorfschule sieht sich in ihrer Arbeit in dieser Tradition, auch wenn heute nicht mehr von einer eigenständigen Zinzendorf-Pädagogik gesprochen wird.